► Darf man mit Krankheit Geschäfte machen?
Oft wird behauptet, es sei unmoralisch oder unehrenhaft, mit dem Leid (der Krankheit) von Menschen Geld zu verdienen. Tatsache ist,
- dass aktuell 5,7 Mio. Beschäftigte im Gesundheitswesen tätig sind. Sie arbeiten in Arztpraxen und Apotheken, im Rettungsdienst, in der Sprach- oder Physiotherapie, der Forschung und in Kliniken – und zwar für Geld und nicht „uneigennützig“. Was zurecht von niemand beanstandet wird.
- dass die medizinischen Einrichtungen in Gebäuden untergebracht sind, deren Errichtung Geld gekostet hat, wofür an die Eigentümer Miete gezahlt wird. Auch hier beklagt niemand fehlenden Altruismus.
- dass die Inhaber von Arztpraxen und Apotheken ebenso wie die Eigentümer (Anteilseigner, Kapitalgeber) von Kliniken für den Betrieb und das betriebliche Risiko sowie für das von ihnen eingesetzte Kapital einen Unternehmerlohn verdienen. Dass sie kein Geld für ihren Einsatz verlangen sollen, ist nicht schlüssig.
Wenn es unmoralisch oder unehrenhaft wäre, mit der Behandlung von kranken Menschen Geld zu verdienen, dann müssten folgerichtig alle Beteiligten auf Bezahlung verzichten.
Richtig ist, dass
- viele Ärzt:innen, Therapeuten und Pflegekräfte ihren Beruf gewählt haben, weil sie anderen Menschen helfen wollen. Aber warum unterstellt man den Eigentümern von Kliniken eigentlich andere Motive? Fast alle deutschen Klinikunternehmen wurden von engagierten Menschen gegründet, die keine Fabriken bauen, sondern die Gesundheitsversorgung verbessern wollten (was sie auch geschafft haben).
- die Kritik berechtigt wäre, wenn die Gewinnerzielung zu schlechten Leistungen oder höheren Kosten für die gleiche Leistung führen würden. Dann wäre der Unternehmerlohn tatsächlich „unverdient“. Aber das Gegenteil ist der Fall.
Fazit: Krankenhäuser sind keine Fabriken. Gewinnerzielung im Krankenhaus ist immer ein Verdienst im positiven Sinne und Beweis dafür, dass gut gewirtschaftet wurde. Für die Patient:innen, die Beitrags- und Steuerzahler:innen hat das Erwirtschaften von Gewinnen positive Effekte. Das gilt unabhängig von der Trägerschaft – ob privat, kirchlich oder kommunal.
► Gehen Gewinne auf Kosten der Patienten?
Hinter dieser Frage steht die Annahme, dass Gewinne dazu führen, dass Krankenhäuser unnötige Behandlungen durchführen – oder verwehren, wenn sie sich nicht lohnen. Tatsache ist, dass
- Krankenhäuser auf Dauer nur dann wirtschaftlich erfolgreich sein können, wenn die Patient:innen zufrieden sind. Mit unnötigen oder verwehrten Behandlungen gelingt das nicht – die Patient:innen würden das Krankenhaus meiden.
- der Erfolg eines Krankenhauses vor allem von der Behandlungsqualität abhängt. Bei guter Qualität ist ein Krankenhaus auch wirtschaftlich erfolgreich. Gewinne sind also ein Beweis für gute Behandlung der Patient:innen.
- die Bundesländer zu wenig in den Bau und die Modernisierung von Krankenhäusern investieren. Deshalb brauchen Krankenhäuser Gewinne, mit denen sie für Investitionen in moderne Medizintechnik, in Personal und in bessere Ausstattung finanzieren. Kurz: in immer bessere Medizin.
- dass die Investitionsquote (Anteil der Erlöse, der wieder in den Betrieb investiert wird) bei wirtschaftlich erfolgreichen Krankenhäusern deutlich höher ist. Sie beträgt bei privaten Klinikträgern 7,4 Prozent, bei freigemeinnützigen 5,8 Prozent und bei kommunalen 5,4 Prozent.
Fazit: Gewinne schaden den Patient:innen nicht. Sie dienen dem medizinischen Fortschrifft und verbessern damit die Gesundheitsversorgung der Patient:innen!
► Werden Gewinne auf Kosten des Personals gemacht?
Es wird behauptet, dass gewinnorientierte Krankenhäuser ihr Personal schlechter bezahlen und Gewinne vor allem durch Einsparungen bei den Personalkosten erzielt werden. Tatsache ist, dass
- der Personalschlüssel von wirtschaftlich erfolgreichen Kliniken nicht schlechter ist als der von Krankenhäusern, die Verluste machen.
- die Gehälter in wirtschaftlich erfolgreichen Kliniken nicht niedriger, sondern eher höher sind als in Krankenhäusern, die Verluste machen.
- im Gesundheitssektor ein eklatanter Fachkräftemangel herrscht. Mitarbeiter:innen können nur gewonnen und langfristig an ein Krankenhaus gebunden werden, wenn die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen konkurrenzfähig sind – das gelingt wirtschaftlich erfolgreichen Krankenhäusern besser als denen, die Verluste machen.
- wirtschaftlich erfolgreiche Krankenhäuser besonders im Pflegedienst darauf achten, dass examinierte Kräfte von berufsfremden Arbeiten (z.B. Reinigungsdienst) entlastet werden und sich mehr auf die Patienten konzentrieren können. Das fördert die Arbeitszufriedenheit und schont den Mitteleinsatz.
Fazit: Gewinne ermöglichen gute Bezahlung und Rahmenbedingungen, die die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen fördern. Sie gehen nicht auf Kosten des Personals!
► Werden dem System Mittel entzogen?
Die Kritik an Gewinnen wird auch damit begründet, dass Dividenden an Anteilseigner eine Zweckentfremdung von Beitragszahlungen seien. Tatsache ist, dass
- alle Krankenhäuser – egal, wem sie gehören oder ob sie Gewinne erzielen oder nicht – für dieselbe Behandlung gleich viel Geld erhalten. Die Beitragszahler müssen also nicht mehr für ein Krankenhaus bezahlen, das von einem privaten Träger betrieben wird und/oder einen Gewinn erzielt.
- erzielte Gewinne nur zu einem kleinen Teil an die Eigentümer (Anteilseigner, Kapitalgeber) ausgeschüttet werden. Im Durchschnitt gehen 80 Prozent des Gewinns als Investionen wieder zurück in das Krankenhaus oder als Steuern an den Staat.
- Krankenhäuser, die Gewinne erwirtschaften, Steuern zahlen – anders als Krankenhäuser, die Verluste machen (und deren Defizite aus kommunalen Steuermitteln ausgeglichen werden müssen). Die Gewinnsteuern und sonstige Steuern je Bett von Allgemeinkrankenhäusern betrugen zuletzt 2.910 EUR bei privaten Klinikträgern, 244 EUR bei kommunalen und 180 EUR bei freigemeinnützigen.
- es gängige Praxis ist, dass die Verluste staatlicher Krankenhausträger aus Steuermitteln ausgeglichen werden. Diese Form der staatlichen Subventionierung belastet Beitrags- und Steuerzahler doppelt und sie verletzt den Grundsatz einer diskriminierungsfreien, wettbewerblich orientierten Gesundheitsversorgung. Kirchliche und private Träger werden dadurch deutlich benachteiligt. Wenn die Politik diese Wettbewerbsverzerrung nicht beseitigen will oder kann, muss zumindest mehr Klarheit über die Verwendung öffentlicher Gelder geschaffen werden. Dazu ist ein verpflichtendes Transparenzregister einzurichten, in dem jede aus Steuermitteln finanzierte Defizitdeckung für staatliche Krankenhäuser veröffentlicht wird.
Fazit: Durch Gewinne geht dem „System“ nichts verloren – das Gegenteil ist richtig!
► Sind Gewinne die Ursache für Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen?
Im Zusammenhang mit der Forderung nach Gewinnverboten oder -beschränkungen wird oft behauptet, dass „Profitgier“ zur „Kommerzialisierung“ und zum „Kliniksterben“ beitragen würde. Tatsache ist, dass
- der Marktanteil privat geführter Kliniken in den vergangenen 30 Jahren deutlich gestiegen ist. Das liegt aber nicht daran, dass sie sich öffentliches Tafelsilber einverleibt hätten, sondern weil marode und insolvenzgefährdete Krankenhäuser meist aus kommunaler Trägerschaft übernommen und aus der Not gerettet werden mussten.
- es ohne die Privaten keine Versorgungssicherheit geben würde, denn ihre Häuser sind in der Mehrzahl ehemalige kommunale Krankenhäuser, die durch private Investitionen und Unternehmergeist vor dem Aus gerettet wurden. Es ist also genau umgekehrt als behauptet wird: Wo staatliche oder andere Klinikträger sich aus der öffentlichen Gesundheitsversorgung abgemeldet haben, waren private Klinikträger zur Stelle. Sie haben Verantwortung übernommen und Versorgung sichergestellt – auch bei schwieriger Ausgangslage.
- dass private Träger gerade im ländlichen Raum stark vertreten sind und besonders viele kleinere und mittelgroße Krankenhäuser betreiben. Sie sichern damit die wohnortnahe Basisversorgung in Stadt und Land. Diesen Beitrag und ihren Erfolg den privaten Klinikträgern übel zu nehmen und darin einen schädlichen Einfluss auf das System zu sehen, ist geradezu absonderlich.
- zwar rund 37 Prozent der deutschen Krankenhäusern in privater Trägerschaft sind, aber ihr Marktanteil gemessen an der Zahl der behandelten Patienten und aufgestellten Betten nur 17 bzw. 19 Prozent beträgt – eben weil Private häufig kleinere, ländlich gelegene Kliniken betreiben. Der tatsächliche Marktanteil der Privaten liegt also bei weniger als einem Fünftel. Von Dominanz oder schädlichem Einfluss der Privaten auf das System kann daher nicht die Rede sein.
- die privaten Klinikuntnehmen mit ihren ausgezeichneten Gesundheitsdienstleistungen und ihrem gesundheitspolitischen Engagement bereits seit Jahrzehnten beweisen, dass es ihnen nicht um möglichst schnelle und hohe Renditen geht. Sie stehen vielmehr für ein solides und gesundes Geschäftsmodell der Gesundheitsversorgung, das auch dem Erhalt und der Bereitstellung moderner, zukunftssicherer Arbeitsplätze dient und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur finanziellen Entlastung staatlicher Haushalte und zur wirtschaftlichen Konsolidierung strukturschwacher Regionen leistet.
Fazit: Gewinne sichern Versorgung! Was als „Profitgier“ diffamiert wird, entpuppt sich bei genauer Betrachtung als unternehmerische Leistung, die dem Gemeinwohl dient.
► Was wären die Folgen von Gewinn-Beschränkungen?
Unter dem Titel „Gewinne im Krankenhaus" erschien im Krankenhaus-Report 2020, der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) herausgegeben wird, ein Beitrag von Prof. Dr. Boris Augurzky, Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Zur Frage, was bei Gewinn-Beschränkungen für Krankenhäuser passieren würde, heißt es unter anderem:
Eigenkapitalgeber würden verschwinden und sämtliche Investitionen wären über Fremdkapital zu finanzieren. Allerdings würde dies den Fremdkapitalgebern missfallen, weil es im Falle einer Insolvenz niemanden mehr gäbe, der bei der Verteilung der noch vorhandenen Restmasse im Rang nach ihnen stünde. Faktisch würden Fremdkapitalgeber damit zum Teil in die Rolle eines Eigenkapitalgebers geraten und ein höheres unternehmerisches Risiko tragen, als dies üblicherweise der Fall ist.
Generell gilt: Je geringer die Eigenkapitalquote eines Unternehmens ist, desto höher ist das Risiko für den Fremdkapitalgeber. Er müsste dann höhere Zinsen fordern, sodass die Finanzierungskosten stiegen. Kurz: Wenn man Rendite auf Eigenkapital verbietet und infolgedessen das Eigenkapital vertreibt, steigen zwangsläufig die Finanzierungskosten für das Fremdkapital.
Ungeklärt bliebe schlussendlich auch, wie mit der Gewinnerzielungsabsicht von anderen Gesundheitsunternehmen außerhalb des Krankenhaussektors umgegangen werden müsste, zum Beispiel niedergelassene Praxen, Medizintechnik- und Pharmaunternehmen, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelanbieter.
Den kompletten Beitrag von Prof. Augurzky können Sie am Seitenende als PDF herunterladen.