Medizinische Versorgungszentren: Überspitzte Kontroverse

Verschiedene Interessenvertreter fordern, die Gründung und den Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) durch Krankenhäuser und private Kapitalgeber einzuschränken. Unser Faktencheck zeigt, auf welchen Ängsten und Absichten die Forderungen beruhen und warum der Regulierungsdruck für Fremdkapitalgeber nicht erhöht werden darf.

Ideologie und Unsicherheit

MVZ sind eigenständige Leistungserbringer der ambulanten medizinischen Versorgung, in denen mehrere Ärzt:innen gleicher oder unterschiedlicher Fachrichtungen an einem Standort ärztliche Leistungen anbieten und sich Ressourcen teilen, um so eine bestmögliche und gebündelte Patientenversorgung zu gewährleisten. Anders als in ärztlichen Einzelpraxen oder Praxisgemeinschaften ist bei den MVZ die ärztliche Behandlungstätigkeit von der Inhaberschaft getrennt. An dieser Trennung zwischen der medizinischen und der kaufmännischen Ebene nehmen Kritiker Anstoß und befürchten, dass

  • versorgungsfremde Investoren das Praxissterben ​​​​​​befördern
  • nichtärztliche Inhaber sachfremden Einfluss auf die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen ausüben
  • es zu schädlichen Monopolisierungstendenzen in der vertragsärztlichen Versorgung kommt

​​​Doch die Kritik an MVZ ist zumeist ideologisch motiviert. So wollen einige politische Parteien und Gewerkschaften Wettbewerb und Gewinnerzielung im Gesundheitswesen verbieten. Zudem stehen einzelne Ärztevertreter in einer erlebten oder tatsächlichen Konkurrenzsituation zu Krankenhäusern, die von ihnen als bedrohlich wahrgenommen wird.

► Fakten gegen Vermutungen:

Den ideologischen Vorbehalten und unnötigen Ängsten stehen unbestrittene Tatsachen gegenüber:

  • MVZ ergänzen das ambulante Versorgungsangebot und dienen der Sicherstellung einer guten medizinischen Versorgung für die Patient:innen.
  • In ländlichen Regionen mit niedriger Arztdichte können MVZ für die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung von zentraler Bedeutung sein.
  • Besonders für junge Ärztinnen und Ärzte sind die Berufsbedingungen als Angestellte in einem MVZ sehr attraktiv, denn sie erlauben moderne Lebens- und Arbeitsmodelle. 
  • Niedergelassene Ärzt:innen in Einzel- oder Gemeinschaftspraxen rechnen mit Kapitalrenditen zwischen 20 und 30 Prozent. Dass institutionelle Anleger eines MVZ mit einer Rendite von fünf bis zehn Prozent kalkulieren, ist also keinesfalls "überzogen".
  • Die Sorge vor den Investitionen privater Kapitalgeber ist auch deshalb unangebracht, weil die ambulante ebenso wie die stationäre Versorgung in Deutschland dringend auf Investitionsmittel angewiesen sind. Nur so kann eine gute, zeit- und heimatnahe Versorgung der Patient:innen in allen Regionen gewährleistet werden.
  • Zudem sichert die ausgeglichene Trägervielfalt die Innovationskraft und die Qualität der Versorgung in MVZ.
  • Private Investitionen dienen der Patientenversorgung und dem Wohl der Bevölkerung. Würden diese Investitionen erschwert und privatwirtschaftliche Partner ausgeschlossen, wäre die Versorgung – besonders im ländlichen Bereich – zukünftig gefährdet.​

Strukturen und Kennzeichen von MVZ

MVZ wurden im Jahr 2004 als neue Kooperationsform mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz eingeführt. Gesetzliche Grundlage ist § 95 des Fünften Sozialgesetzbuches. Die Regeln für die Gründung von MVZ sind häufig geändert worden.

MVZ können von zugelassenen Krankenhäusern, Ärztinnen und Ärzten, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen, bestimmten gemeinnützigen Trägern und anerkannten Praxisnetzen gegründet werden. Ihre Zulassung (Vertragsarztsitz) erhalten MVZ über die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KBV).

Aktuell (KBV-Statistik 2019, Stand November 2020) gibt es in Deutschland mehr als 3.500 MVZ, an denen rund 22.000 Ärzt:innen tätig sind. Jeweils rund die Hälfte der MVZ befinden sich in der Trägerschaft eines Vertragsarztes bzw. eines Krankenhauses.

Ein im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) erstelltes und im Dezember 2020 veröffentlichtes Rechtsgutachten kommt zu dem Fazit: Eine negative Beeinflussung der Versorgungsqualität von MVZ lässt sich anhand einzelner Trägergruppen nicht feststellen. 

Interessenvertretung der MVZ ist der Bundesverband Medizinische Versorgungszentren – Gesundheitszentren – Integrierte Versorgung e.V.